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Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts
BrockhausLeipzig1823-1825Bd. 1. A - L. 1823
http://books.google.com/books?id=QhAQAAAAYAAJ
http://books.google.com/books?id=grRLAAAAcAAJ
http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bs...
Bd. 2. M-Z. 1825
http://books.google.com/books?id=n7RLAAAAcAAJ
http://books.google.com/books?id=ApEDAAAAYAAJ
http://reader.digitale-sammlungen.de/resolve/display/bsb10734949.html
Bd. 3. Nachträge und Berichtigungen. 1825
http://books.google.com/books?id=EZEDAAAAYAAJ
http://books.google.com/books?id=n7RLAAAAcAAJ
http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bs...
PND
http://d-nb.info/gnd/117271764/about/html
Behnke, Dorothea (1999): "daß dem weiblichen Geschlechte an Tapfferkeit, Klugheit, Gelehrsamkeit und andern Haupt-Tugenden gar nichts fehle.". Lexika zu Schriftstellerinnen aus dem deutschsprachigen Raum. Bestandsaufnahme und Analyse. Osnabrück: Zeller (Inter-Lit, 1), S. 36-45.
http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:hebis:30-1108271
"So wenig es auch des Verfassers Absicht ist, durch ein weitläufiges Vorwort diesem Werke bei dem Leser ein günstigeres Urtheil und bessere Aufnahme zu erwecken, als es an sich verdient, so sei es ihm doch vergönnt, bescheiden nur einige Worte vorauszuschicken und vor dem Richterstuhl der Kritik darzulegen.
Der Verfasser, den von den frühesten Jahren Literaturgeschichte vorzüglich anzog, und der, anfangs ohne eine bestimmte Idee, sich Notizen über weibliche Schriftstellerinnen sammelte, glaubte später, bei der jetzt so sehr sich mehrenden Zahl derselben, dem Freunde der Literatur mit einem Verzeichnisse derselben und ihrer Schriften eine nicht unwillkommene und, bei der Unvollständigkeit, die er in mehrern größern Literaturwerken, z. B. Meusel's, und den neuern so sehr schätzenswerthen Versuchen Raßmann's u. A., bemerkte, nicht ganz überflüssige Gabe zu widmen. In der Ueberzeugung, daß ein blos trockenes Verzeichnis weniger Werth habe, faßte er die Idee, einige kürzere oder längere biographische Notizen hinzuzufügen. Denn wenn auch das Geistes-Product an sich den Maßstab der Beurtheilung darbietet, so wird es an Interesse doppelt gewinnen, wenn man in demselben den lebhaft sprechenden Ausdruck eigener Lebenserfahrungen und vorherrschenden Charakters findet. Die Schriften eines Gellert, Weiße, Garve, Zollikofer werden, wie sich Geschmack und Sitte des Zeitalters auch ändre, nie ihren Reiz und ihre Würde verlieren, aber erst durch das Leben dieser unvergeßlichen Männer in noch schönerm Lichte hervortreten. So wird, um nur ein Beispiel der ältern Literatur zu erwähnen, das herrliche geistliche Lied Paul Gerhard's, eines der ersten und besten ältern Dichter in diesem Fache, „Befiehl du deine Wege," erst dann noch inniger das Gemüth ergreifen, wenn man sich den frommen Dichter in der Lage denkt, die ihn zu diesem Liede begeisterte.
Der Verfasser war übrigens weit von dem Gedanken entfernt, weitläufige Biographien oder Erzählungen von häuslichen oder sonstigen Lebensschicksalen zu liefern, die nicht für das Publicum gehören, sondern er wollte nur solche kurz andeuten, die einen hauptsächlichen Einfluß auf Geistesbildung haben, und suchte auch bei dem Gelieferten diejenige zarte Gewissenhaftigkeit zu beobachten, die man, nach seinen Gedanken, immer lebenden Personen schuldig ist.
So entstand dieses Werks, dem der Verfasser diejenige Vollständigkeit zu geben wünschte, die zu erreichen möglich war. Dennoch fühlt er sehr wohl, wie weit die Ausführung hinter dem vorgesteckten Ziele zurückgeblieben ist. Allein der mit diesem Fache der Wissenschaften Vertrautere wird billiger und nachsichtiger urtheilen und ihm zugestehen, daß alle solche literarische Werke nie auf eine absolute Vollständigkeit Anspruch machen können und Nachträgen und Ergänzungen immer Stoff darbieten. So viel kann der Verfasser versichern, daß er es an eifriger Bemühung des Sammelns nicht fehlen ließ. Aber außer den bei einem solchen literarischen Werke immer stattfindenden Schwierigkeiten, über die selbst der mühsamste und um die Literaturgeschichte so verdiente Meusel klagt, fanden sich hier noch einige, die zu bekämpfen oft ganz unmöglich war; und der Verfasser würde, wenn er diese Schwierigkeiten anfangs in ihrer ganzen Größe vorausgesehen hätte, die Idee ganz aufgegeben haben. Alle solche literarischen Unternehmungen erfordern nothwendig Unterstützung und einen gewissen Gemeinsinn. Mit dem wärmsten Dank erkennt er die gütige und freundschaftliche Gefälligkeit, womit mehrere sehr verdiente und geachtete Gelehrte und Literatur-Freunde — unter denen er ganz vorzüglich Herrn Hofrath Winckler in Dresden und Hrn. Dom-Prediger Rotermund in Bremen, und außer diesen den zu früh verstorbenen Hrn. Prof. Matthiä in Frankfurt a. M., Hrn. Consistorialrath Justi und Hrn. Hofr. Danckmann in Marburg, Hrn. Prof. Dr. Wachler in Breslau, Hrn. Baron v. Sydow und Hrn. Lindner in Dresden zählt — ihn mit sehr zahlreichen Beiträgen und Nachweisungen unterstützten. Eben so dankbar verehrt er die Beiträge und Sammlungen mehrerer geachteter Frauen, besonders der Fr. C. P. in W. und Fr. Pr. W., Fr. Ch. v. B. in Z., Fr. Eh. v. G. geb. v. G., Fr. v. Ch. geb. v. K., Fr. v. A. und Fr. v. H., Fr. D. G. und Fr. A. S., Fr. C. S. geb. B. Dagegen erfüllten mehrere Literaturkenner, die ihm die genügendsten Nachweisungen vielleicht gewähren konnten, seine Gesuche nicht, und seine sehr bescheidenen Bitten in Briefen und in öffentlichen Blattern, auch an Schriftstellerinnen selbst gerichtet, wurden durch Entschuldigungen mit überhäuften Geschäften erwidert, oder blieben wohl ganz ohne Antwort. — Oft machte der Verfasser wohl auch ganz eigene nicht erwartete Erfahrungen, die er nur daraus erklären konnte, daß ein gänzliches Mißverstehen der Idee und des Plans des Werkes stattfand, welches auch vielleicht die Beweise der Humanität in Ertheilung einer Antwort lähmte.
Der Verfasser gibt also dem Publicum nur das, was er geben konnte, und die Unvollständigkeit, vielleicht auch die bemerklichen Unrichtigkeiten liegen in jenen Umständen.
Es ist in einem sehr gelesenen periodischen Blatte die Frage aufgeworfen worden: warum der Verfasser nicht auch die Schriftstellerinnen der Vorzeit mit aufnahm. — Er zeichnete sich das Jahr 1800 als bestimmte Grenze, da eine Ausdehnung über jenen Zeitabschnitt, bei einer gleichen Behandlung, das Werk um mehr als um wenige Bogen, wie der Verfasser des Aufsatzes in jenem Blatte meint, verstärkt hätte. Sollte übrigens diese Schrift eine nicht ungünstige Aufnahme finden, so würde der Verfasser vielleicht künftig in einem kleinen Bändchen ein sich an dieses anschließendes Verzeichniß der bis zum Jahr 4800 verstorbenen deutschen Schriftstellerinnen liefern.
Daß in diesem Werke übrigens außer den in Deutschland geborenen Schriftstellerinnen auch solche erwähnt werden, die im Auslande zwar geboren, durch einen längern Aufenthalt in unserm deutschen Vaterlande jedoch gewissermaßen nationalisirt waren, auch wenn sie sich dann wieder wegwandten, dürfte die Kritik wohl gerecht finden.
Wohl aber glaubt der Verfasser sich gegen einen andern, ihm auch in literarischen Blättern, die im voraus seinem Unternehmen einige Aufmerksamkeit schenkten, und mehr noch in Briefen gemachten Vorwurf rechtfertigen zu müssen, — den über die Aufnahme und Enthüllung anonymer oder pseudonymer Schriftstellerinnen ohne Zustimn mung derselben. Er spricht seine Ansichten hierüber bescheiden aus, ohne deswegen auf Untrüglichkeit Anspruch zu machen.
Der Verfasser ist überhaupt der Meinung, daß eine beharrliche Anonymität vielleicht nur in sehr seltenen Fallen vertheidigt werden möchte. — Wahrheitsliebe, im strengsten Sinne des Worts, scheint ihm eine so unerläßliche Pflicht, daß jeder, der sich berufen fühlt, öffentlich seine Ideen mitzutheilen, kein Bedenken haben sollte, sich als Verfasser zu bekennen. Leider können wohl höhere Gründe der Vorsicht und Klugheit eintreten, wo, selbst bescheidene Wahrheit auszusprechen, bedenklich wird, wenn sich auch ihr durch sich selbst leuchtender Sonnenglanz auf keine Weise hemmen läßt und sich von selbst ankündiget. Doch diese in den Gestaltungen der Zeit beruhenden Rücksichten können bei reinliterarischen Gegenständen nicht stattfinden. Die rühmliche Bescheidenheit, womit Schriftsteller ihre Werke ihren Zeitgenossen ohne Nennung ihres Namens übergeben, verdient alle Achtung, aber nicht leicht finden sich Männer, wenn sie von Literaturfreunden in ihren dahin einschlagenden Schriften mit ihrem Namen aufgeführt werden, beleidiget, und Meusel u. A. wenigstens hatten gegen Vorwürfe der Art nicht zu kämpfen. Sollte aber vielleicht die Anonymität der Frauen nach andern Grundsätzen zu beurtheilen sein? — Der Verfasser ehrt mit wahrer Achtung die vielfachen Gründe, aus denen sie diese Anonymität zu behaupten wünschen. Wie sollte nicht auch schon die liebliche Bescheidenheit und der stille Sinn, der die Frauen so sehr ziert,, innige Achtung verdienen? Wer mag — wie eine der achtungswürdigsten jungfräulichen Schriftstellerinnen, die durch ihre anonym herausgegebenen geist- und gehaltvollen Schriften sich den ungetheilten Beifall und die Hochachtung ihrer Zeitgenossen erwarb und jene Besorgnisse nur aus zu ängstlicher Bescheidenheit hegt, sich gegen den Verfasser schriftlich äußerte — wer mag „die Furcht vor einem Publicum, wo hundert Männer darauf lauern, eine weibliche Feder lächerlich zu machen, vor der Grausamkeit des Zeitalters, wo es eine Barbarei zeigt, in welcher Art jetzt Männer über einander herfallen und sich mit der Feder gern Ehre und Ruf rauben," tadeln? wer die Schüchternheit vor den Vorurtheilen, welche unser Geschlecht, oft vielleicht aus Stolz, oft wenigstens zu allgemein, gegen weibliche Schriftstellerei hegt, und vor der scharfen Kritik der Männer, die in unsern Zeiten die Gründlichkeit so oft durch einen den durch Wissenschaften gebildeten Geist nicht kleidenden Ton zu ersetzen sucht, mißbilligen? wer es also dem andern Geschlecht verdenken, wenn es auf alle Weise sich bemüht, bei seinen gelieferten Geistesproducten Anonymität zu behaupten, wäre es auch nur, um sich vor den Mißdeutungen, die ihm von dem schwesterlichen Verein vielleicht am schärfsten drohen, zu sichern?
Allein andere Ansichten hat und muß der Geschichtforscher, was jeder Verfasser eines literaturgeschichtlichen Werks ist, haben, und beide Ansichten dürften wohl neben einander bestehen. — Dieser hat nur die Wissenschaft im Auge und kann sich diejenigen, denen er sein Werk übergibt, nicht nach den Vorurtheilen der Einzelnen denken, im Gegentheil ist seine erste Pflicht Vollständigkeit.
Am wenigsten aber kann sich der Verfasser davon überzeugen, daß Enthüllung der Namen anonymer oder pseudonymer Schriftstellerinnen von ihnen wirkliche Beleidigung genannt zu werden verdient. — Es ist unedel und auf keine Weise zu entschuldigen, handschriftliche, uns im Vertrauen auf unsere Rechtlichkeit und Verschwiegenheit mitgetheilte Sinnes- und Gedanken-Aeußerungen jeder Art bekannt zu machen; der Schriftsteller aber, der dem Publicum durch den Druck jene Aeußerungen übergibt, tritt gewissermaßen in die öffentliche Gesellschaft und kann, so sehr er vielleicht persönlich ungekannt zu sein wünscht, oder sich absichtlich in angenommener Hülle verbirgt, jenem die Freiheit nicht nehmen, den, der mit ihm spricht, nach seiner Persönlichkeit näher kennen zu lernen, und eben so wenig dem Literaturgeschichtforscher es verbieten, seinen Namen zu nennen, da dieser außerdem mit Grund den Vorwurf der Unbekanntschaft mit der Literatur seiner Zeit besorgen muß, um so mehr, wenn der wahre Name mehr oder minder bekannt und vielleicht in periodischen Blättern genannt worden ist. Das Geschlecht kann hier keinen Unterschied machen, oder den Geschichtschreiber, der nur seinen geschichtlichen Gegenstand ins Auge faßt, zu besondern Rücksichten bestimmen, gesetzt auch, daß der Verfasserin diese Nennung weniger erwünscht sein sollte. Sie fehlte selbst in der genauen Vorsicht, die Anonymität zu behaupten. Eine Beleidigung kann der moralisch Gebildete nur in der Verletzung seiner wahren Ehre finden, und eine literarische Beschäftigung mag doch nie etwas Entehrendes sein, da wohl nicht leicht eine weibliche Feder einen Gegenstand oder eine Art der Behandlung wählen wird, wovor Sittsamkeit und Tugend erröthen dürfte.
Ein ganz eigener, doch an Sonderbarkeit grenzender Fall scheint es dem Verfasser aber, wenn Schriftstellerinnen, die allgemein ziemlich bekannt sind, oder früher in Schriften sich mit ihren Namen unterzeichneten, sich jetzt in Anonymität verhüllen.
Dies sind die Ansichten des Verfassers über diesen Gegenstand; er hielt es für erlaubt, in einem Versuche, welcher eigentlich ein Beitrag zur Geschichte der weiblichen Cultur unserer Zeiten sein soll, auch jene Schriftstellerinnen aufzunehmen, und hofft von ihnen nachsichtige Versöhnlichkeit. — Sollte er in seiner Ansicht irren, nun so theilt er mit verdienten Literatur-Freunden, die die gelehrte Welt mit Achtung nennt, Meusel, Raßmann u. A., gleiche Schuld. Er bittet in jener Ueberzeugung also nur um Entschuldigung, wenn Mehrere übergangen, oder nicht der eigentliche Name genannt worden. Er richtete sich übrigens bei seinen Angaben nach ganz zuverlässigen Mittheilungen, oder wenigstens solchen, denen er Glauben beimessen zu können glaubte. Da, wo er ungewiß war oder bedenklich, wird er in den Zusätzen und Nachträgen beim zweiten Bande das Fehlende nachbringen, wenn er indeß dazu sich in den Stand gesetzt sieht.
Wenn übrigens über mehrere Schriftstellerinnen, die in der Literatur eine bedeutende Stelle einnehmen, nur sehr unvollständige und kurze Nachrichten geliefert worden, so kann der Verfasser auch hierüber nur das schon Erwähnte anführen, und daß er diese Mangel vielleicht künftig zu ergänzen hofft.
Er war lange zweifelhaft, ob er nur eigentlich besondere Werke der Schriftstellerinnen, oder auch einzelne Aufsätze in Zeitschriften aufnehmen sollte. Die Betrachtung, daß vielleicht der größere Theil, und unter diesen mehrere jüngere von ausgezeichnetem Talent, nur durch letztere Versuche auftreten und den gerechten Wunsch erregen, daß sie diese Versuche mit Auswahl in einen schönduftenden Blüthenkranz sammeln möchten, bestimmte ihn für das letztere, und er hofft die Zustimmung der Leser. Freilich sah er auch da ein weites Feld zu Ergänzungen, weil es ihm bei der Entfernung von Bibliotheken unmöglich war, alle Journale der Zeit zu vergleichen.
Dies, vielleicht schon zu weitläufig, glaubte der Verfasser als Vorwort diesem Werke, das bei allen Mangeln wenigstens als eine nicht ganz überflüssige Vorarbeit für einen würdigern und glücklichern Nachfolger betrachtet werden mag, vorausschicken zu müssen. — Mit innigstem Danke wird er jede Belehrung und Berichtigung erkennen und bittet, ihn mit zahlreichen Beitragen zu unterstützen. Er richtet diese Bitte besonders an die Schriftstellerinnen selbst und hofft, daß der hiermit übergebene erste Theil seines Werks manche vorgefaßte Meinungen, die jenen Mittheilungen vielleicht hinderlich waren, widerlegen werde. Der zweite Theil, der die übrigen Buchstaben, indeß eingetretene Veränderungen, Nachträge, Berichtigungen und Zusätze enthalten soll, wird, da die Materialien dazu schon größtentheils ausgearbeitet sind, gewiß im nächsten Jahre folgen.
Schönbrunn, d. 21. Juli 1822.
Carl Wilh. Otto Aug. v. Schindel."