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Anleitung zu den fürnehmsten Mathematischen Wissenschaften
Wikipedia, dt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Benjamin_Hederich
Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. 11. 1880, S. 221-222.
http://www.deutsche-biographie.de/xsfz28563.html
"Geneigter Leser, Daß es beydes so nöthig, als nützlich sey, die Jugend also fort auf der Schule zur Mathesi mit anzuführen wird, verhoffentlich um so viel weniger eines weitläufftigen Erweises bedürffen, jemehr solches bereits von dem Hn. von Tschirnhausen, Laurembergen, Maresio, Mechovio, den Hn. Sturmiis, und vielen andern großen und gelehrten Leuten dargethan worden. Ob aber auch solches so wohl für sich, als auch ohne Verabsäumung der andern Schul-Studien zu Wercke zurichten stehe, bedarff vielleicht annoch einer genauern Erörterung. Denn einmahl ist die Mathesis allerdings eines der schwehrsten, weitläufftigsten und kostbarsten Studien, also daß sie sich für niemand weniger, als junqe Leute auf der Schule zu schicken scheinet. So denn aber sind der Dinge, die hieselbst, nach itziger Zeiten erfordern, begriffen werden sollen, bereits so viel, daß es so wohl für was unbilliges, ein mehrers zu fordern, als unmögliches, ein mehrers zu praestiren von vielen erachtet wird. Nichts destoweniger aber wie ersteres theils durch die Auctorität vorhin benannter gelehrten Leute, theils durch die Distinction unter einem Praegustu und völligem Begriffe von der Mathesi, wegfallet, indem jener, und nicht dieser erfordert wird; also ist auch letzteres eine nichtige Objection, welche nebst göttlichen Seegen, eine behörige Lust, anhaltender Fleiß, gute Methode und ohne dem nöthige Retranchirung unnützer Dinge von den bisherigen Schul-Studien gar leichtlich aufhebet. Trüge ich nicht eine Aversion für alle dem, was einer Großsprecherey gleichen kan, so wolte ich mich auf meine eigene Probe dißfalls beruffen, weil doch, Gott Lob, so wohl in meiner itzigen als vorigen Station Leute gehabt, mit denen solches Unternehmen nicht unglücklich gewesen: Allein so bestehe lieber bloß bey den angegebenen Mediis, indem sie im rechten Verstande allerdings zulänglich sind, besagte Objection zur Gnüqe zu solviren. Doch aber ist anbey noch zuförderst wohl zu zusehen, daß man auch eine bequeme und taugliche Anleitung in solchem Studio Mathematico zum Fundamente setze, weil einmahl alles für alle sich nicht schicket, und in Schulen wohl in Betracht zu nehmen ist, daß ein Buch, welches in selbigen Promiscue soll gebraucht werden, nicht zu theuer, zu weitläufftig, oder auch zu schwehr und zu gelehrt sey, damit es so wohl für Arme, als Reiche; gute, als mäßige Köpffe diene. Wenigstens ist es eben dieses gewesen, was mir jederzeit die größten Difficultäten in meiner Information verursachet, weil man zwar solche Compendia von der Mathesi hat, die alles Lob verdienen, allein, da sie zum mehrern theil für Academien abgefasset worden, für Schulen zu hoch und zu gelehrt seyn, und deßwegen hieselbst manchen eher von diesem Studio abschrecken, als zu selben anlocken, wie meines wenigen Theils mehr, als einmahl erfahren. Daher bin ich denn vor einiger Zeit auf den Entschluß gefallen, mir selbst eine dergleichen Anleitung zu entwerffen, wie ich sie im Wercke mit jungen Leuten practicable befunden, habe auch dieselbe, jedoch nur in wenigen Exemplarien, und auf eigene Kosten, zu meinem Privat-Behuffe, zum Drucke kommen lassen. Wie sie aber daher nicht allein nothwendig sehr kurtz gerathen müssen; sondern ich auch nicht in Abrede bin, daß, da alles sehr eilig und praecipitant damit hergegangen, mir selbst nach dem unterschiedenes darinne nicht angestanden: also haben sich doch einige gefunden, die sich dieselbe gefallen lassen, und vermeynet, daß wenn sie nach etwas völligerer Ausarbeitung public gemacht würde, die Jugend einigen Nutzen daher haben könte. Ich habe solches denn um so viel eher für bekannt angenommen, je mehr, um eigener Bequemlichkeit willen, von mir selbst darzu inclinirt gewesen, und habe solcher Anleitung daher die Gestalt gegeben, wie du sie, geehrter Leser, hier für dir siehest. Ich hoffe, man werde sie geneigt aufnehmen, und bey Beurtheilung derselben zuförderst in Betracht ziehen, daß sie erstlich bloß eine Anleitung zur Mathesi, nicht aber ein Begriff derselben seyn soll. Sodann, daß sie nicht für grosse Leute, sondern, wie schon erwehnt, nur für die Jugend dienen soll; und endlich daß darben auch nichts von den andern nöthigen Schul-Studiis versäumet werden solll. Weswegen ich denn auch der Zuversicht leben will, man werde alle ungleichen Censuren ausgestellet seyn lassen, und fürnehmlich die Kürtze und Unvollkommenheit nicht eher taxiren, als bis man genau überleget, ob auch, und wie ein mehrers bey der Jugend auf der Schule zu thun sey. Ich zehle sonst, meines Theils, nach dem Erfodern gründlicher Didacticorum, zu dero Studien die Fundamenta von der Theologie, die Lateinische, Griechische und Teutsche Sprache, die Principia von der Logica, Oratorie und Poesie, item der Ebraeischen, Frantzösischen und Jtaliänischen Sprache, so fern nehmlich, als letztere beyde insonderheit auf das Verständniß eines Auctoris ankommen; ferner die Geographie, Chronologie, Genealogie und Heraldicam, die Historiam Universalem, die Notitiam Auctorum, Römischen Antiquitäten und Mythologie, wie solche ungefehr in meiner Anleitung zu den fürnehmsten Historischen Wissenschaften entworffen und endlich die Mathesin, nach dem, als sie gegenwärtiges Werckgen fürstellig machet. Welches denn wie es alles Dinge sind, die einem Gelehrten so nöthig, als nützlich sind, und wenn mit der Zeit etwas taugliches darinne soll gethan werden, alsofort auf der Schule mit anzugreiffen seyn; also erfodern sie auch gewiß hieselbst so viel Zeit, Arbeit und Mühe, daß ich nach und über angeregte Maaße, meines wenigen Orts, ein mehrere nicht zu thun weiß. Ich muß es zwar selbst zugestehen, daß es solcher Gestalt, wie mit den meisten, also auch insonderheit mit gegenwärtigem etwas unvollkommenes sey. Allein, wie erstlich überhaupt wenig vollkommenes mit Leuten zu thun ist, denen es noch an einem vollkommenen Verstände fehlet; also ist doch auch etwas unvollkommenes von einer guten Sache ungleich besser, als qar nichts darvon, zu mahl wenn solches nachdem desto eher zu dem vollkommenen zugelangen, dienlich seyn kan. Ich verstehe, daß ein junger Mensch durch den Praegust, den er auf der Schule von diesen Dingen fasset, sich hernach auf der Academie desto eher eine völligere Wissenschaft darvon acquriren kan, da er sonst vielleicht hieselbst gar nicht daran gedencket, in solchen Studiis etwas mit zuthun. Wie ich denn gäntzlich der Meynung bin, daß eben daher die Collegia marthematica so wenig besuchet werden, weil der zehende nicht weiß, was Mathesis sey, und also sich bey ihm das ignoti nulla cupido fürnehmlich auch darinne äußert. Was aber nachher aus solcher Verabsäumung oft für manchem so wohl in seinem Amte, als auch in vita communi für Nachtheile entstehen, erhellet täglich. Und immittelst ist doch an solchem allen die meiste und fürnehmste Schuld, daß man auf der Schule von diesem Scibili so gar stille schweiget, und wenigstens den Leuten keine Lust und Begierde darzu zu machen bemühet ist. Nun scheinet zwar mancher Lehrender hierzu wohl Ursache zu haben, weil es ihm entweder ehedessen selbst so gut nicht geworden, etwas in Mathesi thun zu können; oder aber die Leges ihn binden, bey der so genannten lieben alten Weise zu verbleiben; oder er auch sein Brod, sich ohne solche Mühe zu geben, verdienen kan. Allein hat er ehedessen selbst nichts in diesem Studio thun können, welches ihm denn eben zu keiner Schande gereichen kan, so kan er es noch, und zwar für sich thun, weil so viel als auf der Schule von nöthen, ein jeder selbst begreiffen kan, wie solches der seel. Hr. Sturmius in seiner Methesi Iuvenili mit mehrerm darthut, wenn er nur sonst die Mühe darauf wenden will. Binden ihn aber die Leges, und will keine Vorstellung bey den Superioribus darwider helfen, so wird ihm doch frey stehen, etwas von den privat-Stunden, oder auch der Zeit darzu auszusetzen, die sonst ohne dem von jungen Leuten mit Müßiggehen, oder andern Nichtigkeiten zugebracht wird. Kan er endlich ohne solche Mühe sein Brod verdienen, so wird er vielleicht auch, obwohl zu seinen Schaden, nicht glauben, daß ihn mit angehe, was der Prophet Jeremias, Cap. XLVIII. v. 10. sagt. Mich hat Wissen und Gewissen eines andern beredet. Weswegen ich mir denn gern will angelegen seyn lassen, auch in diesem Stücke nach Vermögen zu thun, wozu mich für verbunden erachte, und wenigstens meinen Privat-Untergebenen in dem nicht entstehen, wovon versichert bin, daß es ihnen zu Beförderung sowohl Göttlicher Ehre, und des Nechsten Nutzes, als auch ihres eigenen Bestens, fürnehmlich zu einer solchen Zeit mit dienen kan, da das liebe bisgen Latein und Griechische, sich auf der Schule den Grund zu künftiger Wohlfahrt zu legen und unter so unzehlig viel Studirenden den dereinst sein Bleibens zu finden, alleine nicht mehr zulänglich seyn will. Ich verhoffe dißfals des geneigten Lesers approbation zu finden. Solte ich aber wider Vermuthen irren, so werde ich mir eine vernünftige remonstration nicht zu wieder seyn lassen. Hingegen passionirte Urtheile und Critisirungen von Leuten, die entweder selbst nichts von diesen Dingen verstehen, oder es auch mit scheelen Augen ansehen, daß man sich auf einer gemeinen cShule etwas unterfanget, wovon andere, oder auch sie selbst auf ihren höheren schweigen, werde ich als iudicia sine iudicio zu achten wissen, und glauben, daß mancher mit solchen eher an sich halten würde, wenn ihm seine eigene Ehre etwas lieber wäre. Grossen Hayn, den 14. lulii, 1710 (3. Iunii, 1713)